Weihbischof Florian Wörner über das Priestertum

25 Jahre ist es her, dass ich zusammen mit sieben Mitbrüdern im Augsburger Dom durch den damaligen, mittlerweile verstorbenen Bischof Dr. Viktor Josef Dammertz OSB zum Priester geweiht wurde; es war am 4. Mai 1997. Zwei Wochen später, am Pfingstfest, durfte ich daheim in Eschenlohe Primiz feiern.

Mittlerweile sind auch seit meiner Ernennung und Weihe zum Bischof (5. Juni/28. Juli 2012) schon wieder fast zehn Jahre vergangen. Im Rückblick auf diese Zeit, die, wie mir vorkommt, wie im Flug vergangen ist, empfinde ich tiefe Dankbarkeit gegenüber Gott, der mich gerufen und bestens begleitet hat. Großen Dank schulde ich auch den vielen Menschen, die mir Ihr Wohlwollen und Ihre Unterstützung gezeigt haben, nicht zuletzt auch im Gebet. Einige von ihnen hat der Herr bereits heimgerufen.

Am Sonntag, dem 8. Mai, möchte ich diesen Dank in einer feierlichen Sonntagsmesse zum Ausdruck bringen. Ich freue mich darauf und lade dazu herzlich ein.

 

In die Freude und Dankbarkeit über das Geschenk des Priestertums mischt sich freilich auch das Andere, was über die Kirche und speziell über die Priester und Bischöfe alles an Negativem zu hören ist, nicht nur in diesen Tagen, sondern schon seit geraumer Zeit. Ich darf in dem Zusammenhang auf die ausgezeichneten Gedanken von Dekan Werner Haas verweisen, der damals bei der Primiz als Diakon assistierte; man kann sie auf der Homepage seiner Pfarreiengemeinschaft Pfronten/Nesselwang finden.

Ich halte es gerade jetzt für sehr wichtig, aufzuzeigen, was den Dienst des Priesters ausmacht und wofür er da ist: In der Liturgie der Priesterweihe gibt es einen Moment, der neben Handauflegung und Weihegebet des Bischofs sehr aussagekräftig ist: Während der Litanei liegen die Weihekandidaten ausgestreckt auf dem Boden - eine Geste, die es in sich hat und für sich spricht. Sie liegt ganz auf der Linie Jesu, der nicht gekommen ist, sich bedienen zu

lassen, sondern zu dienen und sein Leben hinzugeben (vgl. Mt 20,28).  Der Weg des Herrn geht zunächst einmal nicht hoch hinaus, sondern herunter auf den Boden der Tatsachen: Er beugt sich, um seinen Jüngern die Füße zu waschen. Tags drauf lässt er sich vom Kreuzesbalken zu Boden drücken. Er wird die „Bodenlosigkeit“ des Kreuzestodes auf sich nehmen, damit wir Menschen wieder Boden unter die Füße bekommen. Unser Leben soll sein Niveau erreichen, die Höhe des Auferstandenen. Der Gute Hirte schont sich nicht. Aus Liebe gibt er alles, bis zur Drangabe seines Lebens, um uns das Leben in Fülle zu erschließen.

Das Liegen der Weihe-Kandidaten bei der Priesterweihe auf dem Boden des Domes bringt noch etwas Weiteres zum Ausdruck: Wir sind nicht die „Macher“; wir brauchen weit mehr als das „Machwerk“ unserer Hände. Alles, was weniger ist als Gott, reicht uns nicht. Wir sind ganz und gar auf den Herrn angewiesen. Das Übermaß der Kraft kommt nicht von uns, sondern von ihm (vgl. 2 Kor 4,7). Was wären wir ohne ihn? Alles aber sind und vermögen wir durch ihn, der uns Kraft gibt (vgl. Phil 4,13 - mein Primizspruch).

 

Und dann sagt Jesus: „Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben“ (Mt 10,8). Wer Geschmack gefunden hat an der Art und Weise, wie Jesus lebt und handelt, wird sich von ihm rufen lassen und ebenso wie er Herz, Mund und Hand öffnen, um reichlich auszuteilen, was er empfangen hat. Er wird die Erfahrung machen, dass er dabei nicht verliert, sondern gewinnt und selber reich beschenkt wird. Wen der Herr in seine Nachfolge ruft, der braucht keine Angst davor zu haben, sich beim Geben zu verausgaben. „Geben ist seliger als nehmen“ (Apg 20,35), weil es göttlicher ist.

 

Bei der Priesterweihe ist es wie bei der Taufe: Man empfängt gratis: Aus dieser Gabe erwächst freilich eine Aufgabe; man bekommt einen Auftrag und die dazu notwendige Vollmacht. Hinter dem Wort „gratis“ steckt der lateinische Begriff „gratia“, was übersetzt „Gnade“ bedeutet. Es ist ein großes Geschenk der Gnade Gottes, in der Priesterweihe Auftrag und Vollmacht zu erhalten, von dieser unüberbietbaren Liebe Gottes zu sprechen und sie erfahrbar zu machen, nicht zuletzt auch in der Spendung der Sakramente.

Wer Priester wird, ergreift nicht nur einen Beruf, sondern entscheidet sich für eine Lebensform. Mit dem Empfang der Priesterweihe wird man auf eine neue Weise eins mit Christus, dem Haupt der Kirche. Christus ist so im Priester anwesend, das dieser „in persona Christi“ handeln kann, und zwar ganz im Dienst für die Menschen und für deren Heil, z.B., wenn er in der hl. Messe bei der Wandlung sagt: „Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird“; oder beim Bußsakrament: „Ich spreche dich los von deinen Sünden…“

So zu sprechen, wäre eine glatte Anmaßung, ja eine Gotteslästerung (vgl. Mt 9,3), ohne die dazu notwendige Vollmacht, die der Herr einem Priester durch die Handauflegung und das Weihegebet des Bischofs überträgt. Die Priesterweihe nimmt einen Menschen mit seiner ganzen Existenz in den Dienst Gottes und seiner Kirche sowie für die Menschen, und sie prägt ihn.

 

Was über das Wesen des priesterlichen Dienstes zu sagen ist, gilt es natürlich im gelebten Alltag einzuholen. Wir sind Menschen und stoßen an Grenzen. Um dem entsprechen zu können, was man in der Taufe bzw. in der Priesterweihe geworden ist, bedarf es des unterstützenden Gebetes. So wie es Aufgabe des Priesters ist, für die ihm Anvertrauten zu beten, so ist er umgekehrt auf das Gebet der Gläubigen angewiesen.

 

Vergelt´s Gott für alle Unterstützung, auch und vor allem im Gebet! Lasst uns auch weiterhin zusammen den Herrn der Ernte bitten für die Priester und dafür, dass er in seinen Weinberg genügend Arbeiter sende, die sich nicht schonen, sondern seine Hirtensorge teilen und sich wie er und mit seiner Hilfe für die Menschen und ihr ewiges Heil ins Zeug legen!